Vielen, die sich mit Religion und der Welt beschäftigt haben ist sicher schon mal der Gedanke gekommen, dass wenn es Gott tatsächlich geben sollte, er doch ein rechtes Scheusal sein müsste. Genau von diesem Sachverhalt geht der französisch-belgische Spielfilm "Das Brandneue Testament" aus. "Gott existiert, er lebt in Brüssel." Das sind die ersten Worte der 10 jährigen Tochter Gottes, die in der Bibel, bislang bekannte Version, nicht vorkommt, in dem Film aber die Hauptrolle spielt. Sie wird von dem zynischen, übelgelaunten Allmächtigen tyrannisiert und auch mit dem Gürtel gezüchtigt. Seine Ehefrau, die "Göttin" behandelt dieser ebenfalls schlecht, sie ist so eingeschüchtert, dass sie sich lediglich mit Stickarbeiten die Zeit vertreibt. Er jedoch, nachdem er Adam und Eva geschaffen hatte zu seinem zynischen Vergnügen, zieht sich in Bademantel und Schlappen mit einigen angebrochenen Fläschchen Alkoholika in sein Arbeitszimmer zurück, wo er Gebote entwirft, die den Menschen das Leben schwer machen und ihm selbst dürftiges Vergnügen verschaffen. So kommt es, dass Marmeladebrote immer auf die bestrichene Seite fallen und vieles mehr.
Der Tochter, Ea, wird es allerdings
zu bunt. Von "JC", ihrem berühmten Bruder, der schon früher das Weite
gesucht hatte, erhält sie einen Tipp, wie sie die Wohnung durch eine gehackte
Waschmaschine verlassen kann (ein etwas abgewandeltes Zitat aus "Beeing
John Malkovich"). Zuvor jedoch veröffentlicht sie mit Hilfe des väterlichen PCs die Sterbedaten
der Menschen. Mensch geworden sucht sie sich 6 Apostel, die es mit ihrer Hilfe schaffen,
ihr Leben zu Verändern - auch unter den veränderten Bedingungen der bekannten
Restlebenszeit.
So verändert sich flugs die Welt -
und das amüsiert den Zuschauer sehr. Gut, hier wird der Film etwas blumig, aber immer kurz vor dem Kitsch nimmt er quietschend die Kurve. Zu kraftvoll
sind die Alternativen, die erkennbar werden: was wäre, wenn der Allmächtige
wohlwollend wäre? Einige praktische Probleme der Religionen werden kundig und spielerisch
behandelt. Ein Beispiel: Jeder, der einen Theologen einmal über etwas Unverständliches,
Unlogisches oder Widersprüchliches in der Bibel befragt hat, kennt u.A. die
Antwort, das sei ein Problem der sprachlichen Überlieferung wahlweise vom Hebräischen
ins Griechische oder vom Griechischen ins Lateinische oder der Abschriften und
sei ganz anders gemeint und zu verstehen. Im Film ist der Protokollant der 6
neuen Evangelisten ein legasthenischer Obdachloser, der erstbeste, dem Ea
begegnet. Er schreibt mit so gut er kann und in dem später tatsächlich
erscheinenden Brandneuen Testament sind dann nur heitere Symbole gedruckt.
Ich empfehle Euch, sich den Film zu
gönnen, durchaus auch als Anhänger einer der monotheistischen Religionen. Der
Film sagt: Religion könnte auch anders aussehen. Und in erster Linie unterhält
er und entlässt euch lachend aus dem Kino.
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